Bericht über Jahrestreffen TSW 2021 in Wernigerode
Prolog
An den Tagen vor dem Aufbruch in den Harz war es dieses Mal eigentlich wie immer – und doch alles ein bisschen anders. Neben der gewohnten Aussicht auf eine interessante Jahreshauptversammlung, auf gesellige Zusammentreffen und interessante Ausflüge war vor allem ein Thema beherrschend: Corona (was auch sonst in diesen Zeiten …)
Würde das Wiedersehen mit den Kollegen einigermaßen „normal“ und vor allem „folgenlos“ verlaufen? In welcher Form würden „die geselligen Zusammentreffen“ funktionieren? Würden Ausflüge überhaupt stattfinden können? Doch da man (wie auch „im richtigen Leben“) versuchen sollte, die außergewöhnliche Gesamtsituation nicht überhand werden zu lassen, beschlossen wir ab sofort möglichst positiv zu denken und uns einfach auf die kommenden Tage zu freuen …
Mittwoch, 17.11.2021 – Anreisetag
Schon vor der Abfahrt zur Mittagszeit gab es die erste kleine Diskussion: „Schau mal Schatz, im Navi ist die Fahrzeit um ein Drittel kürzer als bei google!“ – „Na ja, da hast du vielleicht unter „Fahrradstrecke“ nachgeguckt?“ – „Sehr witzig!“
Nach meiner überzeugenden Feststellung, dass es sich um ein Fehler im System gehandelt haben muss, machten wir uns „auf die Socken“! Die Fahrt gestaltete sich dann durchaus „kommod“. Trotz vieler Baustellen gab es keinen nennenswerten Stau. Somit erreichten wir am frühen Abend unseren diesjährigen Tagungsort: Wernigerode im Harz! Nachdem wir im Hotel „Gotisches Haus“, mitten in der bezaubernden Fachwerk-Altstadt, unser „knuffiges“ Zimmer bezogen hatten, kam es in der Hotelbar zu einem ersten Treffen mit den Kollegen. Nach einem gemütlichen Abendessen mit anschließendem Spaziergang durch die Wernigeröder Altstadt neigte sich der Anreisetag dem Ende entgegen …
Donnerstag, 18.11.2021 – Ausflugstag mit Erfahrungsaustausch
Verließ man das Hotel „Gotisches Haus“ durch den Restaurantbereichsausgang, wurde der Blick sofort auf ein beeindruckendes Fachwerkgebäude gelenkt. Auf das zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts ursprünglich als gräfliches „Spielhaus“ erbaute Wernigeröder Rathaus. Wie das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Rathaus bildet der davorstehende Brunnen ein beliebtes Fotomotiv. Die gusseiserne Wasserquelle ist mit edlen Namenstäfelchen wohlhabender Bürger aus der Region versehen, deren Spendengelder in wohltätige Projekte investiert werden. Auf Nachfrage unserer Stadtführerin Kerstin Ender, ob aus unserer Runde irgendjemand Interesse daran hätte, für eine edle Spende an die Stadt Wernigerode auf dem „Wohltäterbrunnen“ mit einem Namensschildchen verewigt zu werden, gab es (ausnahmsweise mal) keinerlei Wortmeldungen … Mit der elektrisch betriebenen Bimmelbahn „roter Albert“ von Michaela Zierke, Gastgeberin des diesjährigen TSW-Jahrestreffen in Wernigerode, ging es anschließend auf eine von Kerstin Eder moderierten Stadtrundfahrt zum Schloss Wernigerode. Stammsitz der Grafen zu Stollberg-Wernigerode.
Nach einem kleinen Orgelkonzert in der Schlosskirche, eröffnet mit dem berühmten „Air“ aus der Orchestersuite Nr. 3 D-Dur von Johann-Sebastian Bach, wurden wir von Gräfin Anna zu Stollberg-Wernigerode begrüßt. Gattin des Otto zu Stollberg Wernigerode, des persönlichen Stellvertreters Otto von Bismarcks. Es folgte eine beeindruckende Führung mit Gräfin zu Stollberg-Wernigerode durch die edlen Räumlichkeiten der Burg. Anschließend wurde die Gruppe „per Pedes“ (und die Fußkranken mit dem Cabrio-Bus von Michaela) zum Mittagessen in das Waldgasthaus „Christianen-Tal“ geführt. Nach dem Mittagessen wurde die Zeit zur „freien Verfügung“ zu einem Stadtbummel oder zu einer Mittagspause genutzt.
Anschließend fuhren wir in der Abenddämmerung mit zwei Cabrio-Bussen in ein Waldgebiet am Stadtrand. Hier erfolgte eine kleine Fackel-Wanderung zur Gaststätte „Harburg“, wo wir mit Glühwein am flackerndem Lagerfeuer begrüßt wurden. Nach der anschließenden Begrüßungsansprache von Michaela Zielke und einem leckeren Buffet-Angebot kam es an diesem Tag zu einem zweiten, musikalischen Höhepunkt: Der Country Sänger Heinrich „Doc“ Wolf gab mit sonorer Stimme einige Eigenkompositionen sowie Coverversionen von „Jonny Cash“ Songs wie „I walk the line“ oder „Ring of fire“ zum Besten. Mittels „Shuttle“ durch den Gastwirt Thorsten Arendt, ging es in mehreren Gruppen wieder zurück zum Hotel.
Freitag, 19.11.2021 – Jahreshauptversammlung
Die Jahreshauptversammlung wurde von dem ersten Vorsitzenden Ralf Graumann mit bedauernden Worten darüber eröffnet, dass das in Wiesbaden geplante Vereinstreffen im vorangegangenen Jahr Corona bedingt ausfallen musste und daher (nur) als Internetveranstaltung durchgeführt werden konnte. Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit und der Wahl von Andrea Wagner zur Protokollführerin, begann die diesjährige Jahreshauptversammlung. Nach weiteren administrativen Regularien wurde einstimmig beschlossen, innerhalb des „Galaabends“ eine aktive Spendenaktion für unseren langjährigen, mittlerweile schwer erkrankten Kassierer Jürgen Kämmerer durchzuführen. Vor einer unumgänglichen „Zigarettenpause“ kam es noch einen lebhaften Erfahrungsaustausch bezüglich der Themen „Elektrobahnen – Umrüstung und Neubau“, sowie „Inanspruchnahme von Corona-Hilfen“! Nach den anschließenden Präsentationen der Fördermitglieder „eVersum-Vehicles“ aus Graz, „City Train GmbH“ aus Regensburg, „Dotto“ aus Castellfranco – Italien sowie „Sightseeing Trains Rügen GmbH“ ging es in die Mittagspause. Nach der Unterbrechung präsentierte das Unternehmen „Palisis“ ihr Ticketsystem.
Einer weiteren Aussprache unter der Überschrift „Verschiedenes“ folgte die offizielle Beendigung der diesjährigen Jahresshauptversammlung durch den ersten Vorsitzenden Ralf Graumann. Der nach einem Vereinsbeschluss auf den Freitag vorverlegte „Galaabend“ fand dieses Mal im Weinkeller des Hotels „Gotisches Haus“ statt. In angenehmen Rahmen und mit einem üppigen Buffet-Angebot. Nach dem Überreichen eines Gastgeschenkes an Michaela Zielke für die erfolgreiche Durchführung des diesjährigen TSW-Treffens und einer spontanen Würdigung des „Überraschungsgastes“ Lilian Tobler für ihre langjährige Vereinsarbeit (u.a. als mehrjährige 1. Vorsitzende) sowie der schon erwähnten Sammelaktion für Jürgen Kämmerer wurde bis weit nach Mitternacht gefeiert. Trotz „Maskenball“, wie Ralf Graumann die Maskenpflicht auf dem Weg zum Sitzplatz und beim anschließenden Tanzen launisch bezeichnete …
Samstag, 20.11.2021 – Ausflugstag mit Erfahrungsaustausch
Wie an den vergangenen Tagen fand das üppige Frühstücksbuffet des Hotels „Gotisches Haus“ auch am letzten Tag wieder ordentlich Zuspruch. Pünktlich um 09:15 Uhr standen Michaelas zwei Cabrio-Busse an der „Blumen-Uhr“ von Wernigerode, um uns zum ersten „Highlight“ des Tages zu bringen: Einer Fahrt mit der Harzer Schmalspurbahn von Wernigerode bis zur Station „Drei Annen Hohne“. Die nostalgischen Eisenbahnwagons, gezogen von einer stilechten Dampflokomotive, passierte nach der einzigen Hochschule mit einem eigenen Bahnhof das Betriebsgelände der bekannten Hasseröder-Brauerei sowie eine Waldlandschaft, die leider sichtbar der langjährigen Trockenheit und einer Borkenkäferplage zu leiden schien. Im Besitz der Selketalbahn und der Harzer Schmalslpurbahn GmbH befinden sich insgesamt 25 Dampflokomotiven. Davon stehen 10 Lokomotiven jeweils über einen Zeitraum von mindestens 30 Tage ständig unter Dampf.
Innerhalb eines Betriebstages müssen 3-4 Tonnen Kohle geschaufelt werden. Aber für einen reibungslosen Betriebsablauf ist neben einer funktionierenden „Woman & Man-Power“ auch ein erheblicher finanzieller Einsatz unabdingbar. So ist alle 10 Jahre eine Generalüberholung für jeweils eine Million Euro notwendig. In „Drei Annen Hohne“ angekommen, erwartete uns die nächste nostalgische Überraschung: Zwei historische „Saurer-Busse“ aus den Jahren 1953 und ´55 , die einst in der Schweiz als Post- und Transportbusse unterwegs waren. Für den jeweiligen „Chauffeur“ eine echte Herausforderung, da die alpenländischen Rechtslenkerfahrzeuge weder über eine Servolenkung noch über ein synchronisiertes Schaltgetriebe verfügen. Mit Zwischengas und Doppelkupplung ging es in den Wernigeröder Ortsteil Schierke. Unter anderem bekannt für die Harzer Spezialität „Schierker Feuerstein“©. Ein schmackhafter Kräuter Halb-Bitter, dessen Rezeptur der langjährige Orts-Apotheker Willy Drube 1908 entwickelt und sich 1924 hat schützen lassen. Heute dient die ehemalige Apotheke „Zum roten Fingerhut“ als touristische Anlaufstelle und Verkaufsraum. Neben diversen Merchandise-Artikel und dem beliebten Kräuterlikör ist dort auch der „Schierkuja“© erhältlich. Eine weitere Likörspezialität – mit Maracuja-Note und Gold-Glitzer.
Nach dem Besuch der alten Apotheke kam es zu einer leicht skurrilen „Grabbesichtigung“ auf dem örtlichen Friedhof: „In dieser Erdengrube ruht Apotheke Drube – Oh Wanderer eile fort von hier, sonst kommt er ´raus und trinkt mit dir“. Angesichts dieser „apokalyptischen Drohung“ auf dem Grabstein wurde direkt an der „Drube-Gruft“ mit den Schierker Likörspezialitäten auf den 1952 verstorbenen Ortsapotheker angestoßen … Anschließend ging es zu einer weiteren Attraktion. Der 2017 fertiggestellten Hängebrücke „Titan-RT“. Diese an den Schieferfelsen des Rappbodetals befestigte Seilkonstruktion verläuft entlang der ebenso beeindruckenden Rappbode-Talsperre. Vier Haupttrageseile halten das 483m lange Bauwerk mit einer Zugkraft von 947t in der Schwebe. Auf einem 1,20 m breiten Laufsteg schlenderte die gesamte TSW- Gruppe „leicht beschwingt“ von den Likören über die „leicht schwingende“ Hängebrücke. Nach einem zünftigen Mittagessen in dem für Forellengerichte regional bekannte Lokal „Zur Bode“, kamen unsere Oldtimer-Busse am Kalkwerk „Rübeland“ vorbei, welches sogar schon von einem ehemaligen Bergbauminister beehrt wurde: Johann-Wolfgang von Goethe. Was wieder einmal die Frage aufwirft, gibt es eigentlich auch Orte, die der Herr Geheimrat nicht besucht hat?
Einen weiteren Stopp gab es an der „Teufelsmauer“, einem beeindruckenden Monument nahe Blankenburg, das auch immer wieder als Filmkulisse genutzt wird. Die anschließende „Palisis-Ticketsystem-Schulung für Anwender und Interessierte“ sowie die „Zeit zur freien Verfügung“ für alle anderen war zwar aufgrund Umwege über „Rübeland“ und „Teufelsmauer“ etwas verkürzt. Was dem weiteren Verlauf des letzten Tages keinen Abbruch tat. Nach einer kurzen Stadtführung von Frank Reulisen führte unser Weg in die urige Gaststätte „Brauhaus“. Bei frisch gezapftem Bier und saftigen Steaks kam es abschließend zu fröhlichen und fachsimpelnden Gesprächen in urigem Ambiente.
Sonntag, 21.11.2021 – Abreisetag
Nach der allgemeinen Verabschiedung konnten wir auf ein Treffen zurückblicken, das uns neben interessanten und fachlichen Erkenntnissen wieder einmal eine bis dato (vielleicht) unbekannte Gegend nähergebracht hat. Und trotz komplexer Ausgangslage sind auch die geselligen Momente nicht zu kurz gekommen. Das Ausflugs- und Unterhaltungsprogramm des diesjährigen Jahrestreffens war wieder einmal ein voller Erfolg. Hierfür noch einmal ein herzliches Dankschön an unsere diesjährige Gastgeberin, Michaela Zielke. Obwohl davon auszugehen ist, dass Michaela keinerlei Einfluss auf das passende Wetter nehmen konnte, kamen die letzten sonnigen Tage im November gerade recht. Doch nicht nur mit dem Wetter hatten wir (wieder einmal) Glück.
Wenn auch unter 3G Regeln und unter dem Eindruck steigender Inzidenz-Zahlen, konnte das Jahrestreffen gerade noch ohne größere Einschränkungen „über die Bühne gehen“. Im Gegensatz etwa zum Wernigeröder-Weihnachtsmarkt, der während unseres Aufenthaltes inmitten der Aufbauarbeiten abgesagt wurde. Auch manch mediale, apokalyptische Äußerung aus Wissenschaft und Politik, die natürlich auch unter uns TSW´lern teilweise ausgiebig diskutiert wurde, konnte das Gesamtbild der Veranstaltung nicht trüben.
In hoffnungsvoller Erwartung auf eine weitere Präsenzveranstaltung in Marburg 2022 (dann hoffentlich weitgehend ohne Beta, Delta oder Omikron) bleibt die diesjährige JHV als ein Ereignis in Erinnerung, das uns allen gezeigt hat, dass auch in einer Pandemie getagt, gefeiert und gelebt werden kann. Trotz AHA-Regeln, Masken und Impfnachweise! Oder auch gerade deswegen …?
Andreas P. Wagner, Wiesbaden, 30.11.2021
Abschluss Redigat: apw Wiesbaden, 06.01.2022